Die Möglichkeit, nahe Angehörige durch ein Testament oder Erbvertrag vom Erbe auszuschließen, führt oft zur Geltendmachung von gesetzlichen Pflichtteilsrechten. Der gesetzliche Pflichtteil gewährleistet dem Pflichtteil berechtigten eine finanzielle Mindestbeteiligung am Nachlass des Verstorbenen. Um die Pflichtteilsrechte geltend machen zu können, muss man zunächst pflichtteilsberechtigt sein. Pflichtteilsberechtigt sind alle Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel) - egal ob ehelich oder unehelich, legitimiert oder adoptiert, sowie der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers und die Eltern des Erblassers. Die Rangfolge der Berechtigten entscheidet schlussendlich darüber, welcher Pflichtteilsberechtigte konkret Anspruch auf den Pflichtteil hat.


Die Berechtigung tritt üblicherweise erst im Falle eines Erbfalls in Kraft. Bei der Testamentseröffnung erfahren die Nachkommen, ob sie enterbt wurden und somit der Pflichtteilsanspruch greifen würde. Dies geschieht jedoch nicht automatisch, sondern muss aktiv vom Pflichtteilsberechtigten eingefordert werden. Nachdem Kenntnis vom Tod des Erblassers erlangt wurde, steht dem Berechtigten eine vorgegebene Frist zur Verfügung, um seinen Anspruch geltend zu machen. Für bestimmte Personen gelten allerdings gehemmte Fristen. Die Verjährungsfrist kann beispielsweise nicht eintreten, solange die Person unter 21 Jahre alt ist oder sich in einem Vormundschaftsverhältnis, einem Betreuungsverhältnis oder einem Pflegschaftsverhältnis befindet. Das Pflichtteilsrecht gibt Pflichtteilsberechtigten Anspruch auf eine Geldzahlung, die der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils entspricht und anhand der Pflichtteilquote und dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls berechnet wird.


Falls die Erben im Erbfall den Pflichtteil verweigern sollten, haben Berechtigte die Möglichkeit, den Pflichtteil vor Gericht einzuklagen. Es gibt jedoch Fälle, in denen der Pflichtteil trotz bestehender Gesetze nicht ausgezahlt werden kann, etwa wenn die Erben gegenwärtig nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Dann lässt sich das Anrecht unter bestimmten Bedingungen stunden. Bei schuldhafter Verzögerung der Auszahlung haben die Pflichtteilsberechtigten zudem das Recht, Verzugszinsen von den Erben zu fordern.


Tatsächlich gibt es aber auch einen Weg, das Pflichtteilsrecht vollständig zu umgehen. Obwohl der Erbe die Gesetzmäßigkeit nicht grundsätzlich abwehren darf, lässt sich der Pflichtteilsanspruch in speziellen Situationen verhindern, etwa wenn der Erblasser zu Lebzeiten einen vertraglichen Pflichtteil Verzicht mit dem Berechtigten abgeschlossen hat und stattdessen eine Gegenleistung, in der Regel in Form einer Abfindungszahlung in Höhe des gesetzlichen Pflichtteils, erfolgt. Ein Pflichtteilentzug kann aber auch aufgrund eines vorsätzlichen Vergehens gegenüber dem Erben durchgesetzt werden oder aber wenn der Pflichtteilsberechtigte als erbunwürdig gilt, beispielsweise durch eine Fälschung des Testaments. Einen weiteren Grund für den Verfall des Pflichtteilsanspruchs stellt die Verjährung, also der Ablauf der Frist zur Geltendmachung des Anspruchs, dar. In solch einem Fall ist es für den Pflichtteilsberechtigten ratsam, juristische Auskunft einzuholen, um die besten Optionen zu prüfen und die rechtlichen Konsequenzen eines Pflichtteilverzichts nachvollziehen zu können.

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